Corona

 

Und nochmal, mich wegdrücken. Gleich geschafft.

Thomas Thielen ist seit Monaten nicht mehr Corona positiv, aber gesund ist er noch lange nicht.  

Thielen war unter den deutschen Touristen, die sich wohl beim Ski-Urlaub im März in Österreich mit Corona infiziert haben. Er habe anfangs keinerlei Erkältungssymptome gezeigt und deswegen zunächst nicht an Corona gedacht. Seine Infektion hat er zu Hause in der freiwilligen Quarantäne überstanden. Seine Lungen sind wegen der krankheitsbedingten flachen Atmung schwer geschädigt, und es tauchen immer neue Spätfolgen seiner Erkrankung auf. 

Thomas Thielen / Corona-Patient 

Es kommt halt immer was Neues hinzu. Erst kämpft man mit der Atmung, dann kommt das nächste. Dann kommt das nächste. Ich vergesse alles. Das heißt, Sie können sich vorstellen, das als Unternehmer. Es ist die größte Waffe das Hirn, auch als Vertriebler, dass man sich Sachen merken kann, dass man weiß, welche Netzwerke ich wo ziehen kann. Aber hier gucke ich 50mal auf meinen Therapieplan, wo eigentlich nur sieben Punkte am Tag draufstehen. Ich kriege es nicht auf die Kette.“ 

Vor seiner Erkrankung war Thomas Thielen sehr sportlich. Er ist viel gelaufen und lange Strecken geschwommen. Daran ist im Moment nicht zu denken. Sein Gleichgewichtssinn ist schwer gestört, und er hat überall am Körper Schmerzen.  

Thomas Thielen / Corona-Patient 

Es ist ein permanentes Ziehen, Stechen auf der ganzen Haut. Zwischendurch sticht es natürlich mehr im Brustbereich, aber teilweise ist es bei mir so, dass ich morgens unter der Dusche stehe und heule, weil die ersten Wasserstrahlen auf der Haut Schmerzen auslösen, und das war halt auch nicht die ganze Zeit. “ 

Thomas Thielen ist einer von zahlreichen ehemaligen Covid-19-Patienten in der Median Klinik in Heiligendamm. Hier kämpfen sich die Menschen nach einer überstanden Corona-Infektion zurück ins Leben. Darunter auch Stefan Grzenia. Er hatte sich im März beim Ski-Urlaub in Ischgl infiziert. Noch immer kann er nicht richtig atmen, er leidet unter Gelenkschmerzen und Konzentrationsstörungen.  

Stefan Grzenia / Corona-Patient 

Dass man eben vom Kopf her sich einfach gar nicht mehr konzentrieren kann. Auch gar nicht mehr sprechen möchte. Dann macht man zu. Ich möchte einfach meine Ruhe haben, weil ich einfach gar nicht mehr folgen kann, um das hier oben zu verarbeiten und ein sinnvolles Gespräch weiterzuführen, weil man mal merkt, man ist dann völlig überfordert in Sachen, dass das Gehirn so gar nicht mehr diesen ganzen Input verarbeiten kann.“  

Die Chefärztin der Abteilung Atemwegserkrankungen an der Reha-Klinik in Heiligendamm, Jördis Frommhold, kennt dieses Problem von weit über 100 anderen Corona-Patienten. Es sind keineswegs nur ältere Menschen mit einem schweren Krankheitsverlauf.  

Jördis Frommhold / Chefärztin  

Wir merken Leistungsminderungen extremster Art. Viel, viel stärker als zum Beispiel nach Influenzaerkrankungen. Wir sehen neurologische Problematiken, die auftreten, auch vielfältigster Art von Lähmungserscheinungen, von Sensibilitätsstörungen, aber auch bis hin zu kognitiven Einschränkungen, zu Gedächtnisstörungen, zu Gedächtnislücken, Wortfindungsstörungen. Also Symptome, die auch schon demenziell anmuten, mitunter. Und das alles bei Patienten im internistisch jungen Alter zwischen 35 und 65, also letztendlich im besten Lebensalter, häufig ohne Vorerkrankungen. Häufig gut trainiert.“ 

Frommhold ist Lungenärztin und hilft den Patienten, vor allem die primären Schäden aus dem akuten Infektionsverlauf zu überwinden. Dabei haben nicht nur die Patienten, die beatmet wurden, schwere gesundheitliche Folgeschäden.  

Jördis Frommhold / Chefärztin  

Ich glaube, alle unsere Patienten würden nicht sagen, ich bin zur Kur, sondern ich kämpfe mich hier gerade zurück ins Leben. Und genau so muss man das auch sehen. Das ist gerade das Problem, dass viele unserer Covid-Patienten vermeintlich gesund aussehen, aber es nicht sind.“ 

Mit den stetig steigenden Corona-Zahlen wird es wohl künftig noch mehr Patienten geben, die selbst Monate nach der akuten Erkrankung noch mit Beschwerden zu kämpfen haben. Die Forschung zu dem Phänomen steht noch ganz am Anfang. 

Thomas Thielen / Corona-Patient 

Die Krankheit ist tückisch, weil sie vielleicht auch viele Sachen verursacht, auch vielleicht bei den Jüngeren, die man jetzt vielleicht noch gar nicht so wahrnimmt, die jetzt gerade noch nicht akut sind. Deshalb finde ich schon, dass die jungen Leute da schon aufpassen sollten. Man muss ja nicht auf alles verzichten. Aber es ist so einfach, mein Gott: Abstand halten, Maske an.“  

Thomas Thielen ist jedenfalls davon überzeugt: Hätte es schon im März eine Maskenpflicht gegeben, wäre er jetzt vielleicht völlig gesund.  

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